Während vor der COVID-19 Pandemie noch viele von uns technologische Innovationen skeptisch gegenüberstanden, sieht es ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie deutlich anders aus. Aufgrund der Rahmenbedingungen sahen wir uns gezwungen Alternativen für analoge Treffen zu finden. Dieser Umstand hat den Umgang mit und die Akzeptanz von digitalen Anwendungen verändert. Im Besonderen trifft dies auf die Gesundheitsbranche zu, in der die Sicherung und der Schutz von Daten ein zentrales Anliegen vieler Patient:innen war. Doch wie genau haben sich diese Veränderungen auf die Nutzung der Videosprechstunde ausgewirkt?

Zuwachs der Akzeptanz
Dieser Frage gehen die Stiftung Gesundheit und der health innovation hub anhand einer repräsentativen Befragung von Ärzt:innen und Psycholg:innen nach. Die Ergebnisse wurden 2020 in einer Studie veröffentlicht.
Eines der zentralen Ergebnisse ist, dass sich die Akzeptanz und die Anwendung von Videosprechstunden um ein Vielfaches vergrößert hat. Insbesondere die Psycholog:innen berichten von einer größeren Nachfrage seitens ihrer Patient:innen. Hierbei ist es interessant aber keineswegs überraschend, dass es 2020 zu einem enormen Anstieg kam. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Ablehnung von Videosprechstunden (ca. 60% der Befragten) in eine aktive Nutzung gewandelt. Nun geben 60% an, dass sie die Videosprechstunde nutzen, davon 90% erst seit 2020.
Prof. Dr. Jörg Debatin fasst es gut zusammen: „Die Medizin hat in den vergangenen Wochen aus der Not heraus einen Digitalisierungssprung um 3-5 Jahre gemacht“.
Ein weiterer Aspekt ist, dass der Datenschutz, laut der Studienergebnisse, in den Hintergrund rückt. 2017 war dieser noch die zweithäufigste Sorge der Ärzt:innen. 2020 sind es nur noch 11% der Nicht-Nutzer:innen, die große Bedenken aufgrund von Datenschutz haben. Natürlich bleibt der Datenschutz auch weiterhin ein wichtiges Thema.

Herausforderungen
Doch nicht alle Patient:innen können gleichermaßen von digitalen Lösungen profitieren. Während sie für jüngere Leute überwiegend bereits zum Alltag gehören, haben vor allem ältere Patient:innen oftmals Schwierigkeiten mit der Technik umzugehen. Laut der Physiotherapeut:innen, die in der Studie befragt wurden, fehle es teilweise an Endgeräten oder das Wissen, wie die Geräte zu bedienen sind.
Darüber hinaus stellt eine stabile Internetverbindung bei Patient:innen in einigen Regionen Deutschlands eine Herausforderung dar. Ein Video Call braucht eine gute und stabile Verbindung, um Video und Ton klar und deutlich zu übertragen. Die Bandbreite bzw. die Verfügbarkeit ist allerdings nicht in allen Regionen gleichermaßen gewährleistet.

Doch hat die Videosprechstunde auch nach der COVID-19 Pandemie eine Zukunft?
Die Pandemie hat eine nachweisbare Auswirkung auf die Videosprechstunde. Laut Studie gaben fast 90% der Befragten an, dass sich die Umstände auf ihre Nutzung der Videosprechstunde auswirken. Die 2017 durchgeführte Studie von der Stiftung Gesundheit zeigte auf, dass damals nur 1,8% der ambulant tätigen Ärzt:innen die Videosprechstunde aktiv nutzten und sich sogar mehr als die Hälfte gegen die Videosprechstunde aussprachen.
Doch nun sieht das Bild deutlich anders aus. Ärzt:innen sowie Psycholog:innen sehen ein großes Potential. Auch nach der Pandemie wollen knapp 75% die Videosprechstunde weiterhin nutzen. Das bestätigt ebenso Dr. med Philipp Stachwitz, Schmerztherapeut und Director Medical Care beim hih: „Die Videosprechstunde scheint ein Lösungsmodul über die akute Situation hinaus und über alle Fachgebiete hinweg zu sein“.
Wir können daher gespannt bleiben, wie sich die Videosprechstunde entwickeln wird und ob digitale Anbieter es schaffen werden, den Nutzen für Patient:innen sowie Ärzt:innen und Heilmittelerbringer:innen zu vergrößern und den Alltag mit digitalen Hilfsmitteln zu vereinfachen.